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In der aktuellen Episode von “LOVER” habe ich mit dem Tattoo Künstler Sebastian Aurich getroffen um mit ihm eine Runde durch Berlin-Friedrichshain zu drehen und um über sein Leben in der Stadt zu sprechen.

Hey Basti, 

erstmal danke für deine Zeit und dein Interesse an meinem Projekt! Lass uns doch gern erstmal mit einer easy Vorstellung anfangen. Wer bist du? Wo kommst du her? Und vor vor allem was machst du?

Hey Max, erstmal danke für die Möglichkeit an deinem Projekt teilnehmen zu dürfen. Zu mir: Ich heisse Basti, bin 35 Jahre alt, geboren und aufgewachsen in Berlin und arbeite selbstständig als Tätowierer.

Ich war ja für unsere Shootings unter Anderem bei dir zu Hause in Friedrichshain. Wie lang wohnst du dort schon und was bedeutet der Bezirk für dich?

In der Wohnung aktuell wohne ich seit 4 Jahren. In Friedrichshain selbst, mit 2 Jahren Pause, in denen ich im Prenzlauer Berg gewohnt habe, glaube ich jetzt insgesamt 13 Jahre. Allerdings ist das jetzt das erste Mal, dass ich im Nordkiez wohne. Friedrichshain ist immer so eine Hass-Liebe. Man kennt das vllt, viele Möglichkeiten für Unternehmungen, Restaurants usw. aber auch manchmal zu viele Menschen und generell ein lautes chaotisches Umfeld. Deswegen bin ich auch ganz froh, nicht mehr im Südkiez zu wohnen und eine ruhige Ecke zum Leben gefunden zu haben.

Berlin besteht ja nicht nur aus Friedrichshain. Welche Rolle spielen die anderen Bezirke für dich? Sind manche in deinem Leben präsenter oder meidest du einige von ihnen?

Friedrichshain ist schon ein wichtiger Bezirk für mich, allein weil viele meiner Freund*innen in näherer Umgebung leben. Ich habe lange Zeit in Mitte gearbeitet aber es immer für etwas fake gehalten, weil es für mich ein kleiner „wanna - be“ Bezirk ist, und alle versuchen sich irgendwie darzustellen.

Aktuell arbeite ich in Alt Treptow, wodurch dieser Bezirk auch ein fast täglicher Abschnitt in meinem Leben geworden ist. Aufgewachsen bin ich in Hohenschönhausen, was dann wieder ein harter Kontrast zu den anderen Bezirken ist. Ab und zu verirrt man sich dann noch nach Kreuzberg oder Neukölln aber das wars dann auch mit den Bezirken, zu denen man zumindestens regelmässig aufbricht.

Wie gehst du mit persönlich mit der schnellen Entwicklung der Stadt und ihrer Vielfalt um?

Vielfalt ist immer gut, die schnelle Entwicklung in manchen Bereichen nicht so. Mit dem neuem Amazon Monstrum an der Warschauer Strasse und immer charakterloseren S Bahnhöfen wird die Stadt langsam leider optisch sehr eindimensional und langweilig.

In einer Stadt wie Berlin, eine Stadt die durch Schnelllebigkeit, Anonymität und viele graue Tage geprägt ist, ist es manchmal nicht leicht fokussiert zu bleiben. Wie nutzt du die Weite der Hauptstadt für deine kreative Arbeit und wie bleibst du fokussiert? Die Pandemie war für uns alle hier ja eine besonders große Herausforderung. Wie hast du es geschafft dich hier nicht von der Negativität überrennen zu lassen?

HA! Hab ich nicht, Tatsache ist es manchmal sehr schwer. Die Stadt zieht schon viel Energie. Auch wenn alle Berlin oft vergöttern aufgrund von Partymöglichkeiten usw., ich finds manchmal sehr ermüdend. Ich habe zum Glück für mich nen Weg gefunden, da irgendwie zu überleben und nicht von der Stadt „geschluckt und wieder ausgespuckt zu werden“ wie ich immer gern sage. Man verliert hier schnell den Fokus und verliert sich im Feiern oder dem typischen „ keinen Moment verpassen“. Ich lebe seit über 11 Jahren drogenfrei, was für mich eine gute Basis darstellt, den Fokus nicht zu verlieren. Allerdings war die Lockdown Phase sehr hart. Ich hatte echt zu kämpfen, früh noch ausm Bett zu kommen, wenn du weder arbeiten, noch Sport machen oder essen gehen darfst. Aber diese Zeiten sind zum Glück ja wieder vorbei.

Wir alle kenn es. Alles sieht gleich auch aus. Die Inspiration fehlt und man will am liebsten alles hinschmeissen. Wie gehst du mit solchen „Downphasen“ um? Gibt es Ecken, welche dir Energie geben und an denen du neue Kraft generierst?

Wenn ich Menschen müde geworden bin und genug für den Tag hatte, ziehe ich mich gern zurück in meine 4 Wände oder in meine kleine friends bubble, die mir hilft, meine Batterien aufzuladen.

Wie man auf deinem Instagram oft verfolgen kann, bist du ja auch viel in anderen Städten unterwegs. Was bedeutet das für dich als Künstler und welchen Mehrwert gewinnst du daraus viel unterwegs zu sein? Wie fühlt es sich an wieder zurück in Berlin zu sein?

Zum Teil bin ich viel unterwegs, um einfach nen break von Berlin zu bekommen. Umso älter ich werde, desto mehr merke ich, dass mich diese Stadt öfter nervt als dass ich sie liebe. Reisen bedeutet für mich und meine Arbeit aber auch, mich weiterzuentwickeln und mit anderen Künstler*innen Kontakte knüpfen. Ich habe das Glück, so gut wie überall arbeiten zu können und das ist ein Luxus, den ich nicht mehr missen wollen würde.

Würdest du sagen, dass deine Kunst und dein Leben als Künstler die Stadt in der du lebst widerspiegelt?

Hm gute Frage. Ich denke, so wie sich der aktuelle Trend in Berlin darstellt, ist mein Stil vielleicht nicht der Angesagteste, allerdings der Zeitloseste. American Traditional oder Western Traditional wird es immer geben. Mal mehr, mal weniger. Aber es wird sicher nie komplett von der Bildoberfläche verschwinden. Aber generell sind Tätowierungen schon viel gesehen in Berlin und auch im Gesicht, am Kopf oder Hals nichts Ungewöhnliches mehr. Wieder ein Vorteil an dieser Stadt- sie steht u.a. für Vielfalt.

Was bewegt dich grade am meisten in Berlin ( jetzt sag bitte nicht der ÖPNV…)? Was würdest du gern ändern und was siehst du mit kritischen Augen?

Ich hab die letzten Jahre leider das Gefühl, dass Berlin als Stadt sich immer mehr verkauft. Die kreativen Orte scheinen den großen Investoren immer mehr zu weichen und gefühlt passiert nichts dagegen. Mieten explodieren und viele Menschen bewegen sich gefühlt immer am Existenzminimum. Nicht nur ein Berliner Problem. Aber ich denke, wir nehmen als Gesellschaft viel zu viel hin und zucken häufig nur mit den Schultern, aber wenn Feuerwerkskörper verboten werden sollen, schreien wir auf. Das ist für mich oft nicht nachvollziehbar, aber ein generelles Problem in unserem Land. Wir müssten mehr Freiräume für kreative Köpfe und Menschen schaffen, die sich nicht zur grauen Masse zugehörig fühlen. Genau das sind nämlich die Personen, die unsere Stadt bunt und abwechslungsreich halten, und das war es doch, was Berlin immer ausgemacht hat.

Any Last Words?

Danke für das Interview Max, für die Chance und die Fotos. Packt mehr Amore in euren Alltag rein, die können wir Alle gut gebrauchen.

Much love.

Max Dietzmann